29.04.2019 - Europa

Werden Städte in 50 Jahren um Fußballstadien entstehen?


Europäische Fußballstadien haben eine Reihe von positiven Effekten auf Städte. Das besagt eine neue Studie, die von Mastercard in Auftrag gegeben wurde. Auch umliegende Gemeinden könnten profitieren.

Die von Mastercard in Auftrag gegebene und von Paul Fletcher, Mitbegründer des University Campus of Football Business, verfasste Studie hat Dutzende neuer und aufstrebender Stadien in Städten untersucht, die an der UEFA Champions League teilnehmen. Zusätzlich wurden 2.000 Europäer befragt, die in der Nähe eines bereits bestehenden Stadions leben.*

Die Untersuchungen führen zu der Annahme, dass wir bis zum Jahr 2060 europäische Smart Cities erwarten können, die um sogenannte „Superstadien“ herum erbaut werden und dabei Platz für über 200.000 Einwohner bieten. Diese technologisch fortschrittlichen Stadien werden das Zentrum der Städte widerspiegeln und über 800 Millionen Euro kosten. Zusätzlich werden um die Stadien herum eine intelligente Verkehrsinfrastruktur sowie Schulen, Krankenhäuser, Geschäfte und sogar eine eigene Polizei entstehen. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben Stadien positive Einflüsse auf umliegende Gemeinden. Im Durchschnitt fließen durch neue Stadien 585 Millionen Euro in die umliegenden Gemeinden und diese Investitionen sorgen dabei unter anderem für eine verbesserte Infrastruktur und höhere Beschäftigung.Die Studie untersuchte zudem die Ausgaben in den Gastgeberstädten der UEFA Champions League-Finalspiele der letzten zehn Jahre. Die Analyse ergab, dass während der Spieltage in London, Mailand und Kiew doppelt so viele Transaktionen durchgeführt wurden wie an dem jeweiligen Tag ein Jahr zuvor. Das Team um Paul Fletcher, das die Studie durchgeführt hat, ist der Ansicht, dass in Zukunft das Wachstum der Fußballstadt und der Erfolg der jeweiligen Mannschaft miteinander verbunden sein wird.

Gemäß der Analyse wird in weniger als fünfzig Jahren die erste Fußballstadt in einem unbebauten Gebiet eines EU-Landes gebaut sein, weniger als 80 Minuten vom zweitgrößten oder drittgrößten Flughafen des Landes entfernt. Die wichtigsten Standort-Faktoren sind freie Flächen und ein Ort, an dem Fußballfans bislang neutral sind.

Diese neue Art von Stadium könnte ein multifunktionaler Veranstaltungsort sein, der Hotel, Universität, Studentenunterkünfte, ein medizinisches Zentrum, eine Konzertbühne im Innen- und Außenbereich und eine überdachte Sportarena mit Basketball, Tennis und Boxring umfassen könnte. Ein solches Stadium könnte auch ein Zentrum für E-Sport, Ausstellungen und Konferenzräume beinhalten.

Die Stadien werden von zahlungskräftigen Investoren finanziert werden, da die Studie besagt, dass die Nachfrage nach einem eigenen Club bald das bestehende Angebot übersteigt. Daher werden sich laut der Studie die Abramovichs der Zukunft eher der Gründung neuer Vereine sowie dem Wiederaufbau nicht mehr bestehender Clubs widmen. Während Bauten dieser Größenordnung mitunter auf Proteste stoßen, gehen die Autoren der Studie davon aus, dass eine Fußballstadt von den ansässigen Bürgern begrüßt wird. Die Wissenschaftler verweisen auf jüngste Erfolgsgeschichten wie die Football Academy in Manchester City, durch die 6.000 neue Wohnungen in der Stadt errichtet wurden, oder das Emirates Stadion von Arsenal, das London mit 3.000 zusätzlichen Wohnungen versorgte, von denen 40 Prozent erschwinglicher Wohnraum waren.

Die Kluft im Wohnungsmarkt zu überbrücken ist zurzeit schwieriger denn je. So gaben über 50 Prozent der Befragten an, dass sie es sich nicht leisten könnten, eine Immobilie ohne eine erschwingliche Wohnungsbauförderung zu kaufen. Diese Förderung kann durch lokale Gemeindeinitiativen, wie beispielsweise die Entwicklung von Fußballstadien, generiert werden.

Die neue Studie kam auch zu dem Ergebnis, dass der Sport das wirksamste Mittel zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls und der Gruppenzugehörigkeit ist. Fast jeder fünfte Befragte (17 Prozent) nannte Fußball als Hauptgrund für ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Gemeinschaft. Verglichen dazu, gab nur jeder Zehnte (10 Prozent) an, das Gefühl resultiere aus einem gemeinsamen Religionsverständnis. Mehr als jeder Fünfte (21 Prozent) ist der Meinung, dass Fußball, noch vor dem üblichen Smalltalk, in der örtlichen Kneipe das meistdiskutierte Thema ist.

Paul Fletcher ist ehemaliger Geschäftsführer des Reebok Stadions von Bolton, des Mc Alpine Stadium in Huddersfield und war zuvor kaufmännischer Leiter des Wembley Stadions. Er sagt: „Der Fußball wird von Millionen geliebt, und das bemerkenswerteste Ergebnis unserer Studie ist, wie stark er als Instrument zur Förderung des Wachstums und dem Aufblühen von Gemeinschaften sein kann. Fußball muss im Zentrum der Stadt stattfinden und nicht auf der grünen Wiese 10 Meilen außerhalb der Stadt, das funktioniert einfach nicht." (Stadionwelt, 29.04.2019)

*Umfrage im Auftrag von Mastercard mit 2.000 Teilnehmern


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